Wertpapiere ist der Sammelbegriff für Aktien, Zertifikate, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine, Investmentanteile etc. Werden Wertpapiere nicht aus der eigenen Initiative des Anlegers heraus erworben, sondern liegt dem Erwerb ein Beratungsgespräch mit einer Bank oder einem freien Anlageberater zugrunde, steht oft der Vorwurf der Falschberatung im Raum, wenn das Investment sich nicht wie prognostiziert entwickelt hat. Ob und wann eine Inanspruchnahme des Analgeberaters wegen Falschberatung Aussicht auf Erfolg hat, hängt stark von den Umständen des Einzelfalls ab und bedarf einer näheren Betrachtung der Problematik.

Kapitalanlageberatungsvertrag

Eine Beraterhaftung setzt zunächst einmal das Vorliegen eines sogenannten Anlageberatungsvertrags voraus, gegen dessen Pflichten der Anlageberater verstoßen hat. Der Anlageberatungsvertrag unterliegt dabei keiner besonderen Form und wird in der Regel mündlich durch „konkludentes Handeln“ geschlossen. Ausreichend ist daher, wenn der Berater an den Anleger oder der Anleger an den Berater herantritt und der Berater zum Erwerb eines bestimmten Wertpapiers rät. Die Empfehlung basiert in der Regel auf den zuvor vom Berater in Erfahrung gebrachten finanziellen Verhältnisses und der Risikobereitschaft des Anlegers.

Fehlerhafte Beratung

Eine fehlerhafte Kapitalanlageberatung liegt grundsätzlich dann vor, wenn das empfohlene Wertpapier nicht mit der Risikobereitschaft und der finanziellen Situation des Anlegers vereinbar ist. Einem Anleger, der sein Geld sicher und mit Kapitalgarantie anlegen möchte, dürfte beispielsweise kein Zertifikat vermittelt werden, bei dem das investierte Kapital durch Verluste dezimiert werden kann. Etwas anderes gilt natürlich dann, wenn der Anleger vollständig und richtig über das entsprechende Verlustrisiko aufgeklärt wurde oder ihm vielleicht von sich aus schon die Risiken bekannt waren, er aber dennoch eigenverantwortlich die Zeichnung in Kenntnis aller Risiken getätigt hat.

Risiken Wertpapiere

Die aufklärungsbedürftigen Risiken von Wertpapieren sind je nach Art des betreffenden Wertpapiers von sehr unterschiedlicher Natur. So gibt es beispielsweise Zertifikate, die einem Totalverlustrisiko unterliegen, über das natürlich vollumfänglich im Rahmen eines Beratungsgesprächs aufgeklärt werden muss. Viele Papiere unterliegen auch generell einem sognannten Emittentenrisiko, welches besagt, dass das Wertpapier erheblich an Wert verliert bzw. wertlos wird, wenn der Emittent insolvent wird. Wenn die Entwicklung des Wertpapiers von bestimmten Indexwerten (bspw. Devisen) abhängig ist, so muss der Anleger auch über die wesentlichen Einflussgrößen (Fremdwährungsrisiken etc.) bezüglich des Indexwertes zumindest im Groben aufgeklärt werden.

Provisionen / Rückvergütungen

Eine Bank oder Sparkasse muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich über die aus der Vermittlung des Anlagegeschäfts vereinnahmten Provision ungefragt aufklären. Zweck dieser Reglung ist es, dass der Anleger darüber in Kenntnis gesetzt werden soll, dass ein Kreditinstitut bei der Vermittlung von Wertpapieren auch eigenwirtschaftliche Interessen und nicht ausschließlich die Kundeninteressen verfolgt. Eine Ausnahme von dieser Aufklärungspflicht nimmt die Rechtsprechung aber dann an, wenn die Bank eigene Anlageprodukte vermittelt. In diesen Fall muss eine Bank nicht darüber aufklären, dass sie mit diesen Produkten Gewinne erzielt, da für den Kunden erkennbar sei, dass die Bank eigene Gewinninteressen verfolgt. Entsprechendes gilt, wenn fremde Anlageprodukte im Wege des Eigengeschäfts oder des Eigenhandels (vgl. § 2 Abs. 3 WpHG) zu einem höheren Preis als der Einkaufspreis veräußert werden.

Emissionsprospekt

Eine umfassende Beratung über die mit dem Wertpapier verbundenen Risiken kann nach der Rechtsprechung auch dann entbehrlich sein, wenn dem Anleger rechtzeitig vor Zeichnung des Wertpapiers der vollständige und richtige Emissionsprospekt übergeben wurde, in dem alle Risiken des Papiers verständlich beschrieben wurden. Dies setzt aber in jedem Fall voraus, dass der Prospekt mindestens einige Tage vor dem Erwerb des Wertpapiers an den Anleger übergeben wird. Auf diese Weise soll sichergesellt werden, dass der Anleger auch genügend Zeit hat, um sich mit dem Inhalt des Prospekts und insbesondere den darin enthaltenen Risikohinweisen auseinanderzusetzen. Eine Prospektübergabe kurz vor Zeichnung der Kapitalanlage am Tage der Zeichnung muss daher als verspätet angesehen werden. Die Rechtzeitigkeit der Prospektübergabe ist folglich ein immer wieder vorkommender Streit im Rahmen von Anlegerschutzprozessen.

Verjährung

Bei der Verjährung der Schadenersatzansprüche sind (zumindest für den Wertpapiererwerb ab dem Jahr 2010) im Grunde zwei Verjährungsfristen zu unterscheiden. Hierbei handelt es sich um die 3-jährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 1 BGB, § 195 BGB. Außerdem um die kenntnisunabhängige 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB, gerechnet ab dem Tage des Wertpapiererwerbs.

Die 3-jährige kenntnisabhängige Verjährungsfrist wird mit Schluss des Jahres in Lauf gesetzt, in dem der Anleger von den die Falschberatung begründenden Umständen Kenntnis erlangt. Dabei kann die Verjährung für jeden einzelnen Beratungsfehler zu unterschiedlichen Zeitpunkten zu laufen beginnen. Hat beispielsweise der Anleger im Jahr 2015 erfahren, dass das 2011 erworbene Wertpapier ein Emittentenrisiko beinhaltet, fängt die Verjährung mit Schluss des Jahres 2015 an zu laufen und tritt mit Ablauf des Jahres 2018 ein, obgleich die absolute 10-jährige Verjährung nicht vor dem Jahr 2021 eintreten würde. Eine verjährungshemmende Maßnahme (z.B. Klage) müsste in diesem Fall also noch vor dem Ablauf des Jahres 2018 eingeleitet werden (zumindest was den Beratungsfehler „Emittentenrisiko“ anbelangt).

Beweislast

In einem Anlegerschutzprozess muss in der Regel der Anleger vor Gericht darlegen und beweisen, dass er fehlerhaft bzw. gar nicht aufgeklärt wurde und der Emissionsprospekt verspätet oder auch gar nicht übergeben wurde. Eine Beweisaufnahme zur Aufklärung des Sachverhalts ist in Anlegerschutzprozessen in der Regel unumgänglich.

Andererseits muss die Bank bzw. der Anlageberater darlegen und beweisen, dass der Anleger von einem bestimmten Umstand zu einem bestimmten Zeitpunkt Kenntnis hatte und daher eine kenntnisabhängige Verjährung eingetreten sei.

Rechtsfolge des Schadenersatzanspruchs

Wird eine Falschberatung nachgewiesen, muss dem Anleger der finanzielle Schaden aus dem Wertpapiererwerb im Rahmen des Schadenersatzes erstattet werden. In der Regel überträgt der Anleger dann das wertlose Wertpapier auf die Bank und sein ursprünglich investiertes Kapital (zzgl. Agio) wird ihm erstattet. Wurde das Wertpapier zuvor schon veräußert, erhält der Anleger die Differenz zwischen ursprünglichem Kaufpreis und geringerem Veräußerungserlös als Schadenersatz erstattet.

PSS Rechtanwälte – Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht

Die Kanzlei PSS Rechtanwälte vertritt Anleger und Anlageberater in Anlegerschutzprozessen. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Perabo-Schmidt verfügt über eine langjährige Prozesserfahrung in Anlegerschutzprozessen.