In den vergangenen Jahren ist ein regelrechter Trend in Bezug auf die Inanspruchnahme von Banken und sonstigen Anlageberatern wegen Falschberatung bei der Vermittlung von geschlossenen Fondsanteilen (Schiffsfonds, Flugzeugfonds, Immobilienfonds, Energiefonds, Medienfonds etc.) zu beobachten. Bei einem geschlossenen Fonds handelt es sich in der Regel um unternehmerische Beteiligungen an einer GmbH & Co. KG, an der sich der Anleger entweder direkt als Kommanditist oder mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligt. Unternehmerische Beteiligungen enthalten in der Regel erhebliche Risiken für das eingesetzte Kapital und sollten grundsätzlich nur von erfahrenen oder zumindest risikofreudigen Anlegern gezeichnet werden.
Ob und wann eine Inanspruchnahme des Analgeberaters wegen Falschberatung bei der Vermittlung von geschlossenen Fondsanteilen gerechtfertigt ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und kann – entgegen den Behauptungen so mancher Anlegerschützer – nicht pauschal beantwortet werden.
Anlageberatungsvertrag
Voraussetzung für eine Beraterhaftung ist zunächst einmal, dass zwischen Anleger und Anlageberater ein sogenannter Anlageberatungsvertrag geschlossen wurde. Der Anlageberater muss außerdem gegen die Pflichten aus dem Anlageberatungsvertrag verstoßen haben. Ein Anlageberatungsvertrag wird meist mündlich, durch schlichtweg „schlüssiges Verhalten“ geschlossen. Es genügt, wenn der Anlageberater an den Kunden oder der Kunde an den Anlageberater herantritt und der Anlageberater ein bestimmtes Anlageprodukt empfiehlt, weil es mit den Bedürfnissen des Kunden vereinbar sein soll.
Falschberatung
Von einer Falschberatung kann dann gesprochen werden, wenn das Anlageprodukt nicht den Bedürfnissen des Kunden gerecht wird, etwa, weil es mit dem Risikoprofil und den finanziellen Verhältnissen des Kunden nicht in Einklang zu bringen ist. Will beispielsweise ein Kunde sein gesamtes Erspartes sicher und ohne Verlustrisiken zum Zwecke der Altersvorsorge anlegen, so wäre es grundsätzlich fehlerhaft, diesem Kunden einen geschlossenen Schiffsfonds zu empfehlen, da diese Anlageform grundsätzlich nicht zur Altersvorsorge geeignet ist und auch in aller Regel ein erhebliches Verlustpotential (nicht selten: Totalverlustrisiko) beinhaltet. Nur wenn der betreffende Kunde umfassend über die Risiken des Anlageprodukts und die Tatsache, dass das Anlageprodukt seinem Risikoprofil nicht gerecht wird, aufgeklärt wurde, kann der Vorwurf einer Falschberatung beseitigt werden. Eine Falschberatung ist auch dann nicht gegeben, wenn dem Kunden die Risiken im Zeitpunkt der Beratung schon bekannt waren. Dann besteht nämlich kein Aufklärungsbedarf und dann kann demgemäß auch keine Falschberatung gegeben sein.
Risiken von geschlossenen Fonds
Zu den grundsätzlich aufklärungsbedürftigen Risiken einer geschlossenen Fondsbeteiligung gehören u.a.:
- Totalverlustrisiko,
- Risiken einer unternehmerischen Beteiligung (bspw. Haftungsrisiken in Bezug auf die Rückforderung von Ausschüttungen),
- Mangelhafte Fungibilität (d.h. Fondsanteile sind nur auf einem nicht organisierten Zweitmarkt unter Inkaufnahme von ggf. erheblichen Abschlägen handelbar).
Provisionen / Rückvergütungen
Ob darüber hinaus auch über die an den Anlageberater geflossenen Provisionen aufgeklärt werden muss, hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Beratung von einer Bank oder einem freien Anlageberater ausgeht.
Eine Bank muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs über jede auch nur noch so geringe Provision oder Rückvergütung, die an sie aus dem Anlagebetrag geflossen ist, aufklären. Der Anleger soll nämlich darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass die Bank auch Eigeninteressen bei der Vermittlung der Anteile verfolgt.
Ein freier Anlageberater muss demgegenüber nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erst dann über die an ihn geflossene Provisoren aufklären, wenn eine Schwelle von 15 % aus dem Anlagebetrag überschritten wird. Die Rechtsprechung unterstellt insoweit, dass ein Anleger wisse, dass ein freier Anlageberater nicht kostenlos tätig werde und sich in aller Regel über Provisionen finanziert. Erst bei Überschreiten der Schwelle von 15 % bestünden nachhaltige Bedenken bezüglich der Werthaltigkeit der Anlage, sodass auch der freie Anlageberater hierüber aufklären muss.
Prospektübergabe
Eine mangelhafte mündliche Beratung über die Risiken einer geschlossenen Fondsbeteiligung kann grundsätzlich durch eine rechtzeitige Übergabe des vollständigen und richtigen Emissionsprospektes zur betreffenden Kapitalanlage, in dem alle Risiken verständlich beschrieben werden, geheilt werden. Erforderlich ist aber, dass der Emissionsprospekt mindestens einige Tage vor Zeichnung der Kapitalanlage an den Anleger übergeben wird, damit dieser in die Lage versetzt wird, sich mit dem Inhalt auch auseinanderzusetzen. Eine Übergabe am Zeichnungstag sieht die Rechtsprechung grundsätzlich als verspätet an. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Prospektübergabe ist demgemäß ein häufiger Streitpunkt in Anlegerschutzprozessen.
Verjährung
Bezüglich der Verjährung von Schadenersatzansprüchen wegen Fachberatung bei geschlossenen Fondsbeteiligungen sind zwei Zeiträume zu differenzieren. Zum einen existiert die sogenannte kenntnisunabhängige 10-jährige Verjährungsfrist des § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Danach verjähren die Ansprüche spätestens 10 Jahre nach Erwerb der Kapitalanlage.
Die Verjährung kann im Einzelfall aber auch schon früher eintreten, nämlich dann, wenn der Anleger von den die Falschberatung begründenden Umständen früher Kenntnis erlangt. Dann gilt nämlich gemäß § 199 Abs. 1, § 195 BGB die 3-jährige Regelverjährungsfrist gerechnet ab Schluss des Jahres, in dem der Anleger von der Falschberatung Kenntnis erlangt hat. Wichtig ist, dass für jeden einzelnen Beratungsfehler die Verjährung einzeln zu laufen beginnt. Hat beispielsweise der Anleger im Jahr 2014 davon Kenntnis erlangt, dass die im Jahr 2012 erworbene Kapitalanlage einem Totalverlustrisiko unterliegt, so beginnt die kenntnisabhängige Verjährung mit Schluss des Jahres 2014 zu laufen und tritt mit Ablauf des Jahres 2017 ein, also noch vor der absoluten 10-jährigen Verjährung im Jahr 2022. Eine Hemmung der Verjährung wird beispielsweise durch die Erhebung einer gerichtlichen Klage herbeigeführt.
Beweislast
Grundsätzlich gilt, dass der Anleger, der einen Schadenersatzanspruch gegen eine Bank oder einen sonstigen Analgeberater geltend macht, vor Gericht darlegen und beweisen muss, dass er nicht über die Risiken der Anlage aufgeklärt und der Prospekt nicht rechtzeitig an ihn übergeben wurde. Hier muss dann regelmäßig im Rahmen einer Beweisaufnahme geklärt werden, ob und inwieweit eine ordnungsgemäße Beratung und Prospektübergabe stattgefunden hat, sofern diese Punkte – wie üblich – streitig sind.
Für den Einwand der kenntnisabhängigen Verjährung, also den Umstand, dass der Anleger von einem bestimmten Risiko zu einem verjährungsrelevanten Zeitpunkt bereits Kenntnis hatte und daher Verjährung eingetreten sei, ist der beklagte Anlageberater hingegen darlegungs- und beweisbelastet.
Rechtsfolgen von Aufklärungspflichtverletzungen
Gelingt es dem Anleger, eine Falschberatung zu beweisen, muss das Anlagegeschäft „rückabgewickelt“ werden. Der Anleger darf dann die Anteile am Fonds auf die Bank bzw. den freien Anlageberater übertragen und erhält im Gegenzug die ursprünglich in den Fonds investierte Einlage (zzgl. Agio) erstattet.
PSS Rechtanwälte – Fachanwaltskanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht
Die Kanzlei PSS Rechtanwälte vertritt sowohl Anlageberater als auch geschädigte Anleger in Anlegerschutzprozessen. Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Dr. Perabo-Schmidt verfügt über eine langjährige Erfahrung in solchen Prozessen.
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